Wohnen ohne Auto: Novelle der Bayerischen Bauordnung

(in Nahfairkehr des VCD KV München, Nr. 1, April 2004)

Zuerst die gute Nachricht: Das dritte autofreie Wohnprojekt in der Messestadt Riem ist nun endlich in Bau und schon diesen Sommer werden die ersten Familien einziehen können. Die schlechte Nachricht: Bei der Verwirklichung andere autofreier bzw. autoarmer Bauvorhaben, wie z. B. am Ackermannbogen, sind wir leider nicht viel weiter gekommen.

Als besonders hemmend erwiesen sich dabei immer wieder die Festlegungen in der Bayerischen Bauordnung, insbesondere die in Art. 52f formulierte "Stellplatzpflicht": Nach gängiger Verwaltungspraxis wurde dadurch eine Reduzierung der nachzuweisenden Stellplätze selbst für Bauprojekte, in denen mehr als die Hälfte der BewohnerInnen kein eigenes Auto besitzt, nicht zugelassen.

Für 2005 ist nun eine Novellierung des bayerischen Baurechts geplant. Der vorliegende Entwurf des Innenministeriums sieht eine weitgehende Kommunalisierung der Stellplatzpflicht vor, d. h. die Gemeinden werden ermächtigt, über eigene Satzungen den Umfang und die Ausgestaltung der notwendigen Stellplätze festzulegen. Die BayBO schreibt künftig nur noch vor, wo die gemäß gemeindlicher Ordnung notwendigen Stellplätze zu errichten sind.
Ebenso sollen die Gemeinden eigenverantwortlich bestimmen, ob und unter welchen Umständen die Herstellungspflicht von Stellplätzen abgelöst werden kann, die BayBO regelt nur noch die Verwendungsmöglichkeiten der Ablösebeträge.

Was bringen die geplanten Änderungen für "Wohnen ohne Auto"-Projekte? Wir haben diese Frage im Dezember und Januar in zwei Fachveranstaltungen mit Experten ausführlich diskutiert und sind der Meinung, dass auch im vorliegenden Gesetzentwurf die ökologischen und städtebaulichen Auswirkungen der Stellplatzpflicht viel zu wenig berücksichtigt werden. Sinnvoller als eine Kommunalisierung wäre eine generelle Aufhebung, wie es z. B. in Berlin mit guten Erfahrungen praktiziert wird. Zumindest aber müsste der Entwurf näher konkretisiert werden. So sollten z. B. Aspekte wie Verkehrsvermeidung, Soziales Bauen, Kostengerechtigkeit u.ä. als Gesetzesziele aufgenommen werden oder es sollte definiert werden, unter welchen Bedingungen die Stellplatzpflicht generell entfallen kann. Nur so würde eine Novellierung der Bauordnung eine nachhaltige Verkehrsentwicklung unterstützen und autofreie Projekte fördern.

Langfristig bleibt unser Ziel allerdings, dass die Verantwortlichkeit für den Nachweis eines Stellplatzes vom Bauherrn auf den Eigentümer eines Kfz übergeht, sprich, wer ein Auto zulassen will, muss auch einen Stellplatz in zumutbarer Entfernung von seinem Wohnsitz nachweisen. Und hier ist dann der Bundesgesetzgeber gefordert!

Maria Ernst
www.wohnen-ohne-auto.de

 

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