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Wohnen für 5€/m²? Mehr Wien wagen!
Keynote & Diskussion mit dem Wiener grünen Politiker und Experten für Wohnungspolitik Christoph Chorherr am 28.2.2019
Wohnen wie in Wien – davon können die Menschen in München nur träumen! Denn in Wien liegt die Durchschnittsmiete pro Quadratmeter bei privaten Neuvermietungen unter 10 Euro, bei öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungen sogar nur bei 7,60 Euro. Und im vergangenen November kam noch ein Paukenschlag: Die rotgrüne Stadtregierung setzte eine neue Bauordnung durch, mit der bei 60 Prozent der Neubau-Wohnungen eine Miete von netto nur 5 Euro pro Quadratmeter gelten soll. Metropolen in der ganzen Welt schauen staunend nach Wien: Wie machen die das?
Auskunft geben kann niemand besser als der langjährige Wiener GRÜNE Gemeinderat und Landtagsabgeordnete Christoph Chorherr, der die dortige Wohnungspolitik und Stadtplanung in den letzten 28 Jahren maßgeblich geprägt und vorangetrieben hat. Zuletzt handelte er die neue Wiener Bauordnung aus, die der seit Finanzkrise 2008 beschleunigten Bodenspekulation ein Ende bereiten will.
Was zeichnet die Wiener Wohnungs- und Stadtplanungspolitik aus? Wie können ökologisches und leistbares Wohnen zusammengebracht werden? Vortrag und Diskussion mit
• CHRISTOPH CHORHERR, Gemeinderat und Landtagsabgeordneter in Wien, Die Grünen
• KATRIN HABENSCHADEN, Fraktionsvorsitzende im Münchner Stadtrat und Herausforderin für den Oberbürgermeisterposten 2020
• DIETER JANECEK, Mitglied des Bundestags
• BERNADETTE FELSCH, Mitbegründerin der Münchner Initiative für ein soziales Bodenrecht, bezahlbaren Wohnraum und lebenswerte Städte und Leiterin des Arbeitskreises ‘Wer beherrscht die Stadt?’ des Münchner Forums für Stadtentwicklungsfragen
Wie kann München der drastischen Teuerung der Grundstückspreise und Mieten entgegenwirken? Bremsen zu hohe Anforderungen und Pflichten Investitionen in neuen Wohnraum aus? München ist eine Stadt, kein Bundesland wie Wien – welche gesetzlichen Änderungen brauchen wir in Deutschland auf der Bundes- und Landesebene? Was tun wir, damit in München nach dem Verkauf der GBW-Wohnungen durch die CSU-Staatsregierung nicht noch mehr leistbare Wohnungen zum Spekulationsobjekt werden – Stichwort auslaufende Erbpachtverträge der Eisenbahner-Genossenschaften? Wir wollen mehr Wien wagen!
OB Reiter fordert Baugesetzbuchänderungen für soziales Bodenrecht
(6.3.2019) Oberbürgermeister Dieter Reiter hat sich mit dem Vorsitzenden der Baulandkommission des Bundes, Parlamentarischer Staatssekretär Marco Wanderwitz, den weiteren Kommissionsmitgliedern Dr. Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Stadtentwicklung in Hamburg so- wie den Bundestagsabgeordneten Claudia Tausend und Bernhard Daldrup bei Alt-OB, Dr. Hans-Jochen Vogel, zu einem Austausch darüber getroffen, wie künftig Bodenwertsteigerungen der Allgemeinheit zugutekommen können.
OB Dieter Reiter: „Ich begrüße es sehr, dass Staatssekretär Wanderwitz als Vorsitzender der Kommission und mehrere Kommissionsmitglieder mit Hans-Jochen Vogel und mir in München diskutiert haben. Dabei habe ich nochmals deutlich gemacht, dass der Bund Änderungen im Baugesetzbuch vornehmen muss, damit das Angebot an sozialem und bezahlbarem Wohnraum erheblich vergrößert wird. Dazu müssen alle, auch private Grundbesitzer, ihren Teil beitragen. Seit 1950 bis jetzt haben sich die Baulandpreise in München um 39.000 Prozent gesteigert. Diese enormen Steigerungen sorgen für ständig steigende Mieten in unserer Stadt. Das kann so nicht weitergehen“.
Der Endlosspirale steigender Mieten und Wohnungspreise, vor allem in den Ballungsgebieten, müssten auf allen Ebenen wirksame Instrumente entgegengesetzt werden. Darüber herrschte grundsätzliche Einigkeit zwischen Oberbürgermeister Reiter, Alt-OB Dr. Vogel und Bundespolitikern. Laut aktuellem Mietspiegel sind in München die Durchschnittsmieten erneut gestiegen (plus 4,1 Prozent gegenüber 2017). Und auch der Mietwohnungsmarkt bleibt dramatisch angespannt.
Die bisher in München eingeleiteten Maßnahmen, wie beispielsweise die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN), sind alle wichtig, konnten aber einen wesentlichen Faktor nicht entscheidend beeinflussen: die Entwicklung der Bodenpreise.
Folgende konkrete Forderungen hat Oberbürgermeister Reiter deshalb in die Diskussion eingebracht:
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Es braucht eine Regelung im Bundesgesetz, damit leistungslose Bodenwertsteigerungen künftig der Allgemeinheit zugute kommen. Der Wert eines Grundstücks steigt durch ein gutes Angebot an Verkehrsinfrastruktur, Schulen und Universitäten, Kultureinrichtungen und guter Gesundheitsvorsorge – diese Infrastruktur wird von der Allgemeinheit finanziert und deshalb muss der Wertzuwachs der Grundstücke auch an die Gemeinschaft zurückgehen.
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Änderung des §34 im Baugesetzbuch
Ziel dieser Ergänzung muss sein, den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, die Bauherren im gesamten Stadtgebiet zum Bau von bezahlbaren Wohnungen verpflichten zu können, auch dort, wo es keinen Bebauungsplan gibt. -
Einführung einer neuen Kategorie in der Baunutzungsverordnung: „geförderter Wohnungsbau“
Es soll künftig möglich sein, mit einem Bebauungsplan auch schon zwingend den Bau von geförderten Wohnungen festzusetzen. Bislang gibt es nur die allgemeine Nutzungsart „Wohnungsbau“. Diese Änderung würde den Kommunen eine deutlich bessere Verhandlungsposition gegenüber privaten Investoren verschaffen.
Von Alt-OB Dr. Vogel und OB Reiter wurde in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Wien verwiesen. Dort wurde Ende 2018 eine neue Bauordnung erlassen. Diese sieht vor, dass in bestimmten Gebieten auf 2/3 des Bauplatzes geförderte Wohnungen mit einer Kaltmiete von maximal fünf Euro entstehen müssen. Ohne eine Deckelung der Bodenpreise sind solche Mieten aber nicht realisierbar und finanzierbar. Das Land Wien hat deshalb Bodenspekulanten den Kampf angesagt und festgelegt, dass in diesen Wohnlagen die Grundstückskosten maximal 188 Euro pro Quadratmeter betragen dürfen.
Hierzu Oberbürgermeister Reiter: „Es ist wichtig, dass die Kommission auch solche Ideen in die Überlegungen für bezahlbaren Wohnraum mit aufnimmt. Ich habe mich gefreut zu hören, dass auf Bundesebene bereits geprüft wird, ob und wie ein solches Instrument auch im deutschen Baurecht realisiert werden könnte. Denn eines ist klar: Ohne dass wir die Bodenpreise deckeln, wird es uns letztlich nicht gelingen, für deutlich mehr bezahlbaren Wohnraum in den Großstädten zu sorgen.“